Die Sprache der Organisation

Was sagt die Sprache über die Arbeitskultur einer Organisation aus?

Jede Orga­ni­sa­ti­on hat ihre eige­ne Kul­tur. Sie lässt sich sel­ten prä­zi­se beschrei­ben, son­dern drückt sich vor allem in der all­täg­li­chen Arbeits­spra­che aus. In der Art und Wei­se, wie gespro­chen wird, in den Sym­bo­len und Ritua­len, in der täg­li­chen Team­ar­beit und auch in den Wer­ten und Geschich­ten, die immer wie­der erzählt werden.

Die Spra­che ist eines der wich­tigs­ten Aus­drucks­mit­tel der Kultur.

Kultur in der Arbeitswelt

Die Kul­tur spie­gelt den Herz­schlag und die Wur­zeln einer Orga­ni­sa­ti­on wider. Oft sind sich die Mit­ar­bei­ten­den einer Kul­tur nicht bewusst, obwohl sie imma­nent ist. Ins Bewusst­sein tritt sie vor allem dann, wenn die Unzu­frie­den­heit zunimmt, der Leis­tungs­druck steigt oder die Wert­schät­zung gegen­über den Mit­ar­bei­ten­den zu feh­len scheint. Dann heißt es zum Bei­spiel: “Unse­re Kul­tur stinkt” oder “Das ist kei­ne Kultur”. 

Definition der Arbeitskultur

Es gibt kei­ne ein­heit­li­che Defi­ni­ti­on von Unter­neh­mens­kul­tur. Der Psy­cho­lo­ge Edgar H. Schein präg­te den Begriff der Unter­neh­mens- und Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur in den 1980er Jah­ren. Er gilt als Mit­be­grün­der der Orga­ni­sa­ti­ons­psy­cho­lo­gie und der Organisationsentwicklung.

Schein defi­niert Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur als die Wer­te, Nor­men und Grund­an­nah­men, die sich aus der per­sön­li­chen Lern­ge­schich­te eines Teams oder einer Orga­ni­sa­ti­on erge­ben. Er ent­wi­ckel­te u.a. das Kon­zept der « Cul­tu­ral DNA « und das “ Drei-Ebenen-Modell ”.

Um bes­ser zu ver­ste­hen, “wie eine Orga­ni­sa­ti­on tickt”, ist es hilf­reich, auf ihre Spra­che zu achten. 

Was ist die Sprache einer Organisation?

Sie ist Aus­druck einer geleb­ten Arbeits­kul­tur. Bei vie­len Tätig­kei­ten in unse­rem Job ver­wen­den wir die Spra­che der Arbeit: Wir schrei­ben E‑Mails, chat­ten auf Slack mit einer Pro­jekt­grup­pe, sit­zen in Zoom-Calls und dis­ku­tie­ren oder tref­fen uns zu Stra­te­gie­mee­tings und prä­sen­tie­ren unse­re Vor­schlä­ge und Ergeb­nis­se. Wir ver­wen­den Spra­che expli­zit und impli­zit – auch mit Unter­stüt­zung von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tools. Auf die­se Wei­se fin­det die Kul­tur eine wich­ti­ge Ausdrucksform.

Im Wesent­li­chen lässt sich die Arbeits­kul­tur jedoch in for­mel­le und infor­mel­le Kul­tur unter­tei­len. In bei­den fin­den wir sprach­li­che Ausdrucksformen.

Die formelle Kultur – das Offensichtliche

Die for­mel­le Kul­tur drückt sich in den Sicht­wei­sen und Nor­men aus, die von den Mit­ar­bei­ten­den geteilt wer­den. Die­se fin­den sich in Erzäh­lun­gen, Ritua­len, Klei­dung sowie in der Gestal­tung von Büro­ge­bäu­den und Werksanlagen. 

Die informelle Kultur – das Verborgene

Aber was macht eine Orga­ni­sa­ti­on aus? Die Ant­wort fin­det sich häu­fig in den infor­mel­len Struk­tu­ren, die die for­mel­len Struk­tu­ren umge­ben. Infor­mel­le Struk­tu­ren machen eine Kul­tur erleb­bar und umfas­sen u.a. die Kom­mu­ni­ka­ti­on, das Han­deln, das Ver­hal­ten und den Umgang mit­ein­an­der. Im Kern also das WIE einer Organisation. 

Welche Bedeutung haben kulturelle Muster?

In jeder Orga­ni­sa­ti­on las­sen sich eige­ne Mus­ter als Aus­druck der for­mel­len und infor­mel­len Unter­neh­mens­kul­tur erken­nen. Sie haben sich im gesam­ten Unter­neh­mens­sys­tem her­aus­ge­bil­det und wir­ken sys­te­misch auf alle Unter­neh­mens­pro­zes­se ein. Des­halb ist es gera­de in Inno­va­tions- und Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen wich­tig, sie bes­ser zu ver­ste­hen und nut­zen zu können.

Warum ist es hilfreich, Kulturmuster zu verstehen?

Sie erzählt viel dar­über, was Men­schen in Orga­ni­sa­tio­nen posi­tiv bewegt: 

  • Was sie antreibt.
  • Wor­auf sie stolz sind.
  • Was sie verbindet.
  • Woher ihre Inno­va­ti­ons­freu­de kommt.
  • Wo ver­bor­ge­ne Kom­pe­ten­zen schlummern.
  • War­um sie jeden Mor­gen ger­ne zur Arbeit gehen.

Und sie erzäh­len auch, was sie bedrückt oder gar schmerzt:

  • War­um sie man­chen Ver­än­de­run­gen oder Füh­rungs­kräf­ten kri­tisch gegenüberstehen.
  • Was sie bedrückt.
  • Woher ihr Arg­wohn kommt.
  • War­um sie ein Inno­va­ti­ons­pro­jekt nur halb­her­zig unterstützen.
  • Was sie brau­chen, um Poten­tia­le zu entfalten.
  • Was sie bereit sind zu geben.
  • Was sie sich wünschen.

Des­halb ist wert­schät­zen­des Zuhö­ren so wichtig.

Deep Listening: Bewusstes und empathisches Zuhören

Zuhö­ren und die Ohren spit­zen. Das ist eine der wich­tigs­ten Schlüs­sel­kom­pe­ten­zen – ob als Füh­rungs­kraft oder Team­mit­glied – für ech­te Inno­va­tions- und Veränderungsprozesse.

Denn:

  • Die Spra­che der Unter­neh­men ist nicht immer laut und schrill.
  • Die Spra­che der Unter­neh­men ist nicht immer klar und verständlich.
  • Die Spra­che der Unter­neh­men ist nicht immer ergebnisorientiert.
  • Die Spra­che der Unter­neh­men hat vie­le Facet­ten, Fre­quen­zen und Rhythmen.

Die Spra­che der Unter­neh­men sagt viel über die Stim­mungs­la­ge einer Orga­ni­sa­ti­on aus. Viel­stim­mig, ein­stim­mig, ein­ver­nehm­lich. Und sie gibt ehr­li­che Hin­wei­se dar­auf, was es braucht, damit sich die Kul­tur posi­tiv aus­drü­cken kann.

Sprache: Die Kulturmuster-Analyse

Eine Kul­tur­mus­ter­ana­ly­se ist ein nütz­li­cher Ana­ly­se­pro­zess, der Orga­ni­sa­tio­nen hilft, die Orga­ni­sa­ti­on als Gan­zes zu ver­ste­hen. Dazu gehö­ren, wie oben beschrie­ben, ihre Mus­ter, aber auch die dahin­ter lie­gen­den Dyna­mi­ken und Motivationen.

Grund­la­ge einer Kul­tur-Mus­ter-Ana­ly­se ist der sys­tem­theo­re­ti­sche Ansatz nach N. Luh­mann und das Modell der Kul­tur­ebe­nen nach E. Schein. Ziel ist es, die Mus­ter einer Orga­ni­sa­ti­on auf­zu­de­cken. D.h. bes­ser zu ver­ste­hen, war­um bestimm­te Pro­jek­te immer wie­der schei­tern, war­um Mit­ar­bei­ten­de Lösungs­vor­schlä­ge ger­ne negie­ren etc.

Mit Hil­fe von qua­li­ta­ti­ven Fra­gen und Inter­views mit rele­van­ten Stake­hol­dern wer­den unge­schrie­be­ne Regeln und infor­mel­le Struk­tu­ren sicht­bar gemacht und mög­li­che Lösungs­an­sät­ze aufgezeigt. 

Wie die Kul­tur­mus­ter­ana­ly­se auf­ge­baut ist und ange­wen­det wer­den kann, erfährst du im nächs­ten Praxisbeitrag.