Aus der Praxis: Versteckte Kulturmuster erkennen

Mit einer Kulturmusteranalyse die Unternehmenskultur besser verstehen und Veränderungen erfolgreich umsetzen.

Jede Orga­ni­sa­ti­on hat ihre eige­ne Kul­tur – geprägt von Wer­ten, Nor­men und unge­schrie­be­nen Regeln. Die­se Kul­tur beein­flusst maß­geb­lich, wie Ver­än­de­run­gen auf­ge­nom­men und umge­setzt wer­den. Oft sind es nicht die offen­sicht­li­chen Struk­tu­ren, son­dern die unsicht­ba­ren kul­tu­rel­len Mus­ter, die über Erfolg oder Miss­erfolg ent­schei­den. Des­halb ist es für Ver­än­de­rungs­vor­ha­ben sehr hilf­reich, bes­ser zu ver­ste­hen, wie und war­um die Orga­ni­sa­ti­on „so tickt“, um Anschluss­fä­hig­keit inner­halb der Orga­ni­sa­ti­on herzustellen.

Genau hier setzt die Kul­tur­mus­ter-Ana­ly­se an.

Praxisbeispiel: Eine dezentral organisierte Non-Profit-Bildungsorganisation mit 500 Mitarbeitenden

Eine Non-Pro­fit-Bil­dungs­or­ga­ni­sa­ti­on, die über­wie­gend Prä­senz­ver­an­stal­tun­gen anbie­tet, steht vor der Her­aus­for­de­rung, ihr Bil­dungs­an­ge­bot moder­ner und nut­zer­ori­en­tier­ter zu gestal­ten und zu vermarkten.

Die Orga­ni­sa­ti­on ist dezen­tral orga­ni­siert und ver­folgt das Ziel, ihr bestehen­des Prä­sen­z­an­ge­bot einer brei­te­ren Kun­den­grup­pe anzu­bie­ten. Gleich­zei­tig stel­len sie eine wach­sen­de Nach­fra­ge nach digi­ta­len und Blen­ded Lear­ning For­ma­ten fest und wol­len die­se in ihr Pro­gramm auf­neh­men, das zen­tral orga­ni­siert wer­den soll.

Es wur­de ent­schie­den, sowohl dezen­tra­le als auch zen­tra­le Dienst­leis­tun­gen für die­sel­ben Kun­den anzu­bie­ten. Um bei­de Leis­tungs­strän­ge rea­li­sie­ren zu kön­nen, müs­sen das Orga­ni­sa­ti­ons­mo­dell wei­ter­ent­wi­ckelt und die Pro­zes­se neu aus­ge­rich­tet wer­den. Dazu bedarf es einer Stra­te­gie, die mit Hil­fe eines Mas­ter­plans umge­setzt wird. Doch die Orga­ni­sa­ti­on spielt nicht mit, sie wehrt sich, schweigt oder boy­kot­tiert die neu­en Plä­ne.

Die neue Stra­te­gie stellt die Orga­ni­sa­ti­on vor Her­aus­for­de­run­gen, die sich in der Kul­tur wider­spie­geln. Fol­gen­de Her­aus­for­de­run­gen wur­den in der Bil­dungs­or­ga­ni­sa­ti­on iden­ti­fi­ziert: Her­aus­for­de­run­gen in der Kultur

  • Über­gang von klas­si­schen zu digi­ta­len Lern­ana­ge­bo­ten: Der Wan­del erfor­dert neue Kom­pe­ten­zen und eine Anpas­sung der bis­he­ri­gen Lehrmethoden.
  • Hete­ro­ge­ne Dienst­leis­tungs­pro­zes­se: Auf­grund der Dezen­tra­li­tät gibt es kei­ne ein­heit­li­chen oder gar koor­di­nier­ten Dienst­leis­tungs­pro­zes­se. Wäh­rend eini­ge Teams auto­nom agie­ren, war­ten ande­re auf zen­tra­le Vor­ga­ben, was zu Span­nun­gen führt.
  • Infor­mel­le Netz­wer­ke statt kla­rer Struk­tu­ren: Wer wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen benö­tigt, fragt oft infor­mell nach, anstatt sich auf zen­tra­le Struk­tu­ren zu verlassen.
  • Digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on und Wider­stän­de: Obwohl digi­ta­le Tools zuneh­mend genutzt wer­den, gibt es unter­schied­li­che Akzep­tanz­ni­veaus inner­halb der Organisation.
  • Dezen­tral vs. zen­tral: Wäh­rend eini­ge Mit­ar­bei­ten­de Vor­tei­le in der zen­tra­len Leis­tungs­er­brin­gung sehen, arbei­ten ande­re stark dage­gen und wol­len ihre Leis­tun­gen dezen­tral erbringen.

    Die Kulturmuster-Analyse

    Jede Orga­ni­sa­ti­on hat ihre eige­ne Dyna­mik, die dar­über ent­schei­det, ob eine Ver­än­de­rung erfolg­reich sein kann. Die Kul­tur­mus­ter­ana­ly­se hilft, die­se unsicht­ba­ren Struk­tu­ren sicht­bar zu machen. Sie durch­läuft drei Ebe­nen und beleuch­tet sowohl die for­mel­len als auch die infor­mel­len Struk­tu­ren. So ent­steht ein ganz­heit­li­ches Bild einer Organisation.

    Wie funktioniert die Kulturmuster-Analyse?

    Metho­di­sche Grund­la­ge ist das Drei-Ebe­nen-Modell von Edgar Schein, das zwi­schen sicht­ba­ren und unsicht­ba­ren Kul­tur­ele­men­ten unterscheidet:

    • Arte­fak­te und Sym­bo­le: Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le, Titel, Bil­der oder Architektur.
    • Bekun­de­te Wer­te: Offi­zi­el­le Leit­li­ni­en der Zusam­men­ar­beit und geleb­te Wer­te, Kun­den­ori­en­tie­rung, Qualitätsanspruch
    • Unsicht­ba­re, tief ver­wur­zel­te Über­zeu­gun­gen, unaus­ge­spro­che­ne Wer­te, die die Kom­mu­ni­ka­ti­on und Zusam­men­ar­beit infor­mell prägen.

    Wei­te­re Infor­ma­tio­nen, ins­be­son­de­re was die »Spra­che einer Orga­ni­sa­ti­on« über die Kul­tur aus­sagt, sind in die­sem Bei­trag ent­hal­ten: »Die Spra­che der Organisation«:

    Die Analyse erfolgt in mehreren Phasen:
    1. Kon­zep­ti­ons­pha­se: Klä­rung des Auf­trags und Defi­ni­ti­on des Untersuchungsbereichs.
    2. Erhe­bungs­pha­se: Inter­views mit Füh­rungs­kräf­ten, Mit­ar­bei­ten­den und Stake­hol­dern, ergänzt durch Fokusgruppen.
    3. Aus­wer­tungs­pha­se: Iden­ti­fi­ka­ti­on von Kul­tur­mus­tern und deren Aus­wir­kun­gen auf Unternehmensprozesse.
    4. Prä­sen­ta­ti­on und Aus­blick: Vor­stel­lung der Ergeb­nis­se und Ablei­tung kon­kre­ter Maß­nah­men für die Kulturveränderung.

    Fazit: Kul­tur als Gestal­tungs­ele­ment nutzen

    Die Unter­neh­mens­kul­tur ist kein sta­ti­sches Gebil­de, son­dern form­bar – wenn man sie ver­steht. Eine Kul­tur­mus­ter-Ana­ly­se hilft dabei, die unsicht­ba­ren Struk­tu­ren zu erken­nen, die den Erfolg von Ver­än­de­rungs­vor­ha­ben beein­flus­sen. Wer die­se Mus­ter sicht­bar macht, kann sie aktiv gestal­ten und den Wan­del gezielt steuern.

    Statt sich von der Unter­neh­mens­kul­tur aus­brem­sen zu las­sen, gilt es, sie als wert­vol­les Werk­zeug für eine zukunfts­fä­hi­ge Orga­ni­sa­ti­on zu nutzen!